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PREMIERE IN BERLIN: SAUERBRUCH HUTTON – DRAWING IN SPACE

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Die Berliner Tchoban Foundation zeigt in ihrem Museum für Architekturzeichnung vom 3. Februar – 5. Mai 2024 zum ersten Mal das zeichnerische Werk von Matthias Sauerbruch, Louisa Hutton und ihrem Studio

16. Februar 2024 | Özlem Özdemir

 

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enn es ein Architekturbüro gibt, dessen Arbeiten man bei einer Ausstellung kennenlernen und sich sofort danach auf den Weg machen kann, um die ausgestellten Werke (zumindest einige davon) auch live zu erleben, dann ist es Sauerbruch Hutton. Die Berliner Tchoban Foundation, die 2013 ein Museum für Architekturzeichnung gegründet hat, gibt mit Sauerbruch Hutton – drawing in space Einblicke in die Zeichnungen und Architekturdarstellungen des renommierten Berliner Büros.

Wer ist das Duo Sauerbruch Hutton? Matthias Sauerbruch (1955) ist der Sohn des Malers Hans Sauerbruch und Enkel des Chirurgen Ferdinand Sauerbruch. Er studierte an der HdK Berlin und absolvierte die Architectural Association School of Architecture (AA) in London. In den 80er Jahren war er in London Partner des Büros Office for Metropolitan Architecture (OMA), wo er mit dem Gründungspartner Ilias Zengelis zusammenarbeitete. Louisa Hutton (1957) studierte an der University of Bristol und an der AA. Danach arbeitete sie vier Jahre mit Alison + Peter Smithson. 1989 gründete sie zusammen mit Matthias Sauerbruch das Büro in London.

Seit 1993 ist Sauerbruch Hutton ansässig in Berlin (zu dem Umzug später mehr). Für die Hauptstadt haben sie rund 20 Projekte realisiert. Das verblüffendste darunter ist vielleicht Haus 6 (2017). Seine Bauhülle besteht aus einer Spiegeloberfläche, die das Gebäude beim Umhergehen flirren lässt wie eine fatamorganische Erscheinung. Aber das ist nicht das Frappante an dem Gebäude. Im Kontext des Gesamtwerks von Sauerbruch Hutton sticht es als ein Extrem hervor, als ein Objekt ohne Eigenfarbe und erst recht als etwas, das völlig frei ist von dem, mit dem die allgemeine Öffentlichkeit Sauerbruch Huttons Architektur schnell verbindet: Polychromie.

Farbe ist prädestiniert dafür, etwas oder jemanden hervorzuheben. Das ließ sich auch an der GSW Hauptverwaltung in Berlin beobachten, als sie Sauerbruch Hutton 1999 nicht nur ökologisch aufwertete, sondern auch zu einem Hingucker erhob. Ein Scheibenhochhaus aus den 1950er bekam endlich seinen Auftritt und mit ihr Sauerbruch Hutton. Die Neugestaltung der konkaven Fassade aus Glas und Metallraster überrascht und das mit eigentlich ganz schlichten Elementen: Jedes Fenster besitzt mobile Sonnenschutzblenden in einer von mehreren Abstufungen zwischen Rosa, Orange und Rot. Die Farbskala bleibt die gleiche, aber je nach Nutzung der Blenden changiert die Fassade in ihrer Tönung. Seitdem prägt Sauerbruch Hutton das Bild der Berliner Innenstadt nahe des Check Point Charlie und erinnert die deutsche Architekturszene an die Magie der Fassaden und der Farben.

Das GSW-Projekt gilt als der Startschuss für das damals junge Büro. Nachdem Matthias Sauerbruch und Louisa Hutton den GSW-Wettbewerb 1991 gewonnen hatten und den Auftrag erhielten, zogen sie von London ins neu wiedervereinigte Berlin. Kristin Feireiss gab ihnen 1992 eine Extra-Förderung in Form einer Ausstellung in ihrer Galerie Aedes. (Selbst der weltweit bekannte Architekt der US-amerikanischen Moderne und Postmoderne, Philip Johnson, ließ sie sich nicht entgehen1.)

Und nun, über 30 Jahre später, kuratiert Kristin Feireiss die Ausstellung Sauerbruch Hutton – drawing in space. Längst ist Sauerbruch Hutton zu einem preisgekrönten internationalen Studio für Architektur, Städtebau und Design avanciert. Mit ihrem Team von 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bauen sie über die deutschen Grenzen hinaus. Ihr architektonisches Werk umfasst Wohnhäuser, Museen, Bildungsbauten, Bürohochhäuser und ganze Stadtareale – ein vielseitiges Sortiment. Sauerbruch Hutton steht für eine verantwortungsbewusste, abwechslungsreiche Moderne, eine Moderne ohne Dogma2. Kristin Feireiss hat Zeichnungen zusammengestellt, die das deutsch-englische Büro in 35 Jahren hervorgebracht hat. Einige von ihnen stammen sogar aus den Studienzeiten.

Premiere in Berlin: Sauerbruch Hutton – drawing in space
Sauerbruch Hutton – drawing in space / Impression der Ausstellung // Mit freundlicher Genehmigung der Tchoban Foundation // Foto © Nadja Fedorova

 

Die Tchoban Foundation präsentiert die Werke von Sauerbruch Hutton in ihrem Museum zum ersten Mal: Entwurfsstudien, Präsentations- und Konzeptzeichnungen von Matthias Sauerbruch, Louisa Hutton und ihrem Studio. Ihre Entstehungsdaten reichen von 1983 bis heute. Die grafischen Techniken umfassen Kohlezeichnungen, Zeichnungen mit Pastellkreide, Fotocollagen, fotografisch vergrößerte Bleistift- und Tuschezeichnungen, digital bearbeitete Handzeichnungen und rein digitale Zeichnungen.

Premiere in Berlin: Sauerbruch Hutton – drawing in space
L House, London, 1992, Aquarellfarbe, Bleistift // Mit freundlicher Genehmigung der Tchoban Foundation // Bild © Sauerbruch Hutton

 

Im ersten Raum zu sehen sind 81 Leihgaben des Büros. L House (London, 1992, Aquarellfarbe, Bleistift) gehört zu den älteren Exemplaren. Ganz im Zengelis-Stil ruht und irritiert die axonometrische Darstellung zugleich. Sie wirkt wie eine Mischung von Schnitt und Ansicht. Die kolorierte Darstellung in weiß, schwarz, blau, rosa, rot und braun, zeigt kein Haus in seiner Umgebung. Sie zeigt Wände, die stehen und schweben, senkrecht und über Kopf liegen und eine Fläche mit einem Himmelsausschnitt umrahmen und ansonsten keinen abgeschlossenen Raum und damit auch kein Haus definieren. Die Präsentation gleicht einer ästhetischen Etüde, einem Austesten von Farben im Raum. Tatsächlich wurde aus dieser spielerischen Übung am Ende ernst: L House ist das erste realisierte Projekt, in dem Sauerbruch Hutton Farbe als Material verwendet haben. Zu den weiteren Ausstellungsstücken gehören u. a.: Olympische Schwimm- und Radsporthallen, Berlin (1992, Tusche, farbige Folie), Photonikzentrum, Berlin (1995, Kohlestift, farbige Folie), Museum Brandhorst, München (2002, Fine Art Print) und Kinetik, Boulogne-Billancourt (2012, Fine Art Print).

Premiere in Berlin: Sauerbruch Hutton – drawing in space
Sauerbruch Hutton – drawing in space / Impression der Ausstellung // Mit freundlicher Genehmigung der Tchoban Foundation // Foto © Nadja Fedorova

 

Premiere in Berlin: Sauerbruch Hutton – drawing in space
Tokyo International Forum, 1989, Tusche, farbige Folie // Mit freundlicher Genehmigung der Tchoban Foundation // Bild © Sauerbruch Hutton
PREMIERE IN BERLIN: SAUERBRUCH HUTTON – DRAWING IN SPACE
Olympische Schwimm- und Radsporthallen, Berlin, 1992, Tusche, farbige Folie // Mit freundlicher Genehmigung der Tchoban Foundation // Bild © Sauerbruch Hutton
Premiere in Berlin: Sauerbruch Hutton – drawing in space
Sauerbruch Hutton – drawing in space / Impression der Ausstellung // Mit freundlicher Genehmigung der Tchoban Foundation // Foto © Nadja Fedorova

 

Premiere in Berlin: Sauerbruch Hutton – drawing in space
Museum Brandhorst, München, 2002, Fine Art Print // Mit freundlicher Genehmigung der Tchoban Foundation // Bild © Sauerbruch Hutton

 

Premiere in Berlin: Sauerbruch Hutton – drawing in space
Sauerbruch Hutton – drawing in space / Impression der Ausstellung // Mit freundlicher Genehmigung der Tchoban Foundation // Foto © Nadja Fedorova

 

Premiere in Berlin: Sauerbruch Hutton – drawing in space
Kinetik, Boulogne-Billancourt, 2012, Fine Art Print // Mit freundlicher Genehmigung der Tchoban Foundation // Bild © Sauerbruch Hutton

 

Premiere in Berlin: Sauerbruch Hutton – drawing in space
Sauerbruch Hutton – drawing in space / Interaktive Installation // Mit freundlicher Genehmigung der Tchoban Foundation // Foto © Nadja Fedorova

 

Der Saal im zweiten Obergeschoss des Museums ist einer interaktiven Installation vorbehalten, die das Büro exklusiv für diese Ausstellung errichtet hat. Sie erweitert das Grafische in den Raum. Besucherinnen und Besucher können gleichsam in eine Zeichnung eintreten und eine spielerische Erfahrung mit den Dimensionen machen.

Was prädestiniert Sauerbruch Hutton für eine Präsentation in einem Museum für Architekturzeichnung? Natürlich interessiert sich die Tchoban Foundation dafür, wie die Computer-Ära, Virtuelle Realität und KI das Zeichnen per Hand beeinflusst, wie und ob solche technischen Strömungen das analoge Zeichnen und seinen Status verändert. Doch anders gefragt: Welchen Stellenwert hat die Zeichnung für Sauerbruch Hutton selbst? Das Duo steht den so genannten nicht-euklidischen Räumen kritisch gegenüber, die dank komplexer Programme weltweit florieren. „Wir nutzen unser ästhetisches Empfinden und arbeiten an der Form eines Gebäudes anhand von Zeichnungen und Modellen […]“, sagte Matthias Sauerbruch bei der Verleihung des Fritz Schumacher Preises3. Man kann seine Rede auf seiner Website lesen.

So großzügig Sauerbruch Hutton ihre Vorträge und Veröffentlichungen auf ihrer Website anbieten, so wenig fündig wird man in ihnen über das Thema Zeichnen. Selbst in den Projektbeschreibungen kommen zeichnerische Darstellungen praktisch nicht vor. (Im Vergleich dazu bietet der Madrider Architekt Campo Baeza viele seiner Zeichnungen zur Online-Sichtung an und fordert auf „View all the sketches“.)

Andererseits gab es erst vor wenigen Jahren, 2021-2022, eine Ausstellung mit Zeichnungen von Sauerbruch Hutton. Interessanterweise fand sie im M9 Museumsquartier in Venedig-Mestre statt, das das Duo selbst entworfen und realisiert hatte. Der Titel lautete: draw love build. Dass das Zeichnen an erster Stelle des Titels auftaucht, mag vielsagend sein. Auch der Standort ist bedeutsam, vor allem, wenn man an Carlo Scarpa denkt. (Scarpa, Architekt und Kind Venedigs, der sich zum Zeichnen berufen fühlte und Konstruktionszeichnungen zu Kunstwerken erhob und sagte, so minimalistisch wie in seiner Architektur: „Wenn ich Dinge vor mir auf dem Papier habe, kann ich sie sehen. Ich will sehen, und deshalb zeichne ich.”4)

Wodurch zeichnen sich Sauerbruch Hutton in ihrem zeichnerischen Ansatz gegenüber anderen Kollegen aus? Steven Holl etwa verbringt die ersten Stunden des Tages mit Malen und ist Produzent von mindestens 10.000 zart-pastellenen Aquarellen. Er sagt von sich: „If everybody else quits drawing, it’s fine with me“5. Alvaro Siza ist berühmt für seine Skizzenbücher, die er mit weich gezogenen schwarzen Linien füllt und mit ihnen immer auf der entwerferischen Suche ist. Er bekennt, dass er auf das Zeichnen und Skizzieren angewiesen ist.

Die Zeichnungen von Sauerbruch Hutton, die in der Tchoban Ausstellung zu sehen sind, offenbaren – im Vergleich zu Holl, Siza und Scarpa – weniger eine typische Handschrift. Der Schwerpunkt scheint auch nicht auf zeichnerischer Erkundung und Suche nach Entwurfsideen zu liegen. Eine Vermutung: Auch wenn ihr zeichnerisches Werk Schwarz-Weiß-Bilder enthalten und ein Teil von ihnen auch Entwurfsstudien betreffen mögen, das Thema Farbe spielt in ihren Zeichnungen eine hervorragende Rolle. Die Zeichnung ist für Sauerbruch Hutton ein Experimentiermedium für Farben, Farben in ihren Kombinationen und ihren Wirkungen auf Formen, Proportionen, Räumen und Flächen. Stifte und Striche stehen bei ihnen nicht an vorderster Front. Für Sauerbruch Hutton gilt: „For us color is a tool”6. Man darf sagen: Für Sauerbruch Hutton ist Farbe das Werkzeug schlechthin.

Premiere in Berlin: Sauerbruch Hutton – drawing in space
Junction Building, Birmingham, 1989, Tusche, Acrylfarbe, Transparentpapier // Mit freundlicher Genehmigung der Tchoban Foundation // Bild © Sauerbruch Hutton

 

Premiere in Berlin: Sauerbruch Hutton – drawing in space
Photonikzentrum, Berlin, 1995, Kohlestift, farbige Folie // Mit freundlicher Genehmigung der Tchoban Foundation // Bild © Sauerbruch Hutton

 

Sauerbruch Hutton sehen Farbe als ein Material und Mittel zugleich, mit denen sie ihren Fassaden mehr Tiefe, Rhythmus und Lebendigkeit verleihen, zumindest einigen von ihnen (man darf nicht vergessen, dass Sauerbruch Hutton auch ohne Farben arbeiten können). Die polychrome, feingerasterte und harmonisch gegliederte Fassadenoptik, ihr Markenzeichen, erinnert oft an bewegliche Pixelstrukturen, an Webrahmen in Arbeit, Reliefs oder dynamische Gemälde. Eines von Sauerbruch Huttons kompaktesten Projekten, City Dress (ein Ganzkörperüberzug mit einem unverkennbaren Sauerbruch-Hutton-Muster), bringt es auf den Punkt: Für das deutsch-englische Duo ist die Fassade eine fast unabhängige Schicht, eine Struktur, ein Stoff, der die Baukörper umgibt wie die Haut und die Kleidung den menschlichen Körper.

Wie gehen Sauerbruch Hutton vor, wenn es um Polychromie geht? In einem Interview erklären sie, dass sie Farbe genau wie Form und Licht einsetzen: „Unsere erste Idee beinhaltet ein allgemeines Konzept einer Farbe oder Farbgruppe. Normalerweise greifen wir auf das NCS-System [Natural Colour System, Anm. d. A.] zurück, das fast 2000 Farben umfasst. Die größte Herausforderung besteht darin, einen Weg zu finden, die gewünschte Farbe auf das entsprechende Material anzuwenden. Wir sammeln Farbmuster, Produkte und andere Referenzmaterialien, die uns helfen können, unser Konzept den Firmen oder Herstellern zu vermitteln, die für die Umsetzung unseres Konzepts verantwortlich sind. Sie müssen unser Farbkonzept verstehen, wenn sie es z. B. auf Glas oder Keramik anwenden wollen.“7

Auf die Frage, wie sie die Verbindung zwischen Farben und Materialien sehen, antworten sie: „Wir versuchen, in der Farbe eine tiefgründige Materialqualität zu finden und Farbflächen mit den Oberflächeneigenschaften der Materialien zu verbinden. Im Museum Brandhorst in München zum Beispiel kann man die Oberflächenstruktur der Keramikstäbe nur aus der Nähe wahrnehmen. Aus der Ferne fügen sich die einzelnen Stäbe zu großen neutralisierten Farbflächen zusammen, sodass der Eindruck eines großen abstrakten Gemäldes mit drei verschiedenen Farbzonen entsteht. Durch die Kombination von Materialität, Farbe und Farbkomposition entsteht eine völlig neue, oszillierende Gebäudeoberfläche.“8

Die Möglichkeiten der Polychromie ist Sauerbruch Hutton so wichtig, dass sie sich nicht allein mit zeichnerischen Techniken begnügen. In ihrem Büro ist ein Raum ganz den Farben gewidmet. In diesem Raum testen sie, frei von Computern, die Farbkombinationen – ganz analog. Und Sauerbruch Hutton kennen ihre Vorbilder. Sie haben die Architekten, Maler und Farbforscher Gottfried Semper, Bruno Taut, Theo van Doesburg, Le Corbusier und Josef Albers studiert. Sie befolgen ihre Vorbilder jedoch nicht wie ihre Meister, sondern lassen sich inspirieren und das Gelernte interpretieren sie neu. Sie verfolgen keine Methoden oder abstrakten Systeme (so wie etwa Emmanuelle Moureaux, eine französische Architektin, die in Japan arbeitet und das selbstentwickelte Farbkonzept shikiri anwendet). Wichtiger als Lehren und Theorien ist Sauerbruch Hutton das Ausprobieren und das gefühlsmäßig-sensorische Erfassen bis zum Schluss. Davon zeugen ihre Fassaden-Mock-Ups im Maßstab 1:1: An ihnen justieren sie die feinen Tonabstufungen z. B. von farbig glasierten Keramikstücken bei natürlichem Licht.

Eine besondere Inspirationsquelle darf nicht unerwähnt bleiben, zumal sie klassischerweise mit dem Zeichnen Hand in Hand geht: das Reisen. Indien – Chandigarh, Delhi, Bombay, Rajasthan – bezeichnet Matthias Sauerbruch als eine ihrer bedeutungsvollsten Architekturreisen. „Der Kontinent, die Mentalitäten, haben Dimensionen, die zumindest mich überwältigen! Da ist eine Kraft und Sinnlichkeit und Lebensfreude, die wirklich bewundernswert ist. Natürlich sind wir nicht zurückgekommen und haben gesagt, jetzt machen wir das so wie die in Indien, sondern es war eine Erfahrung, ein Erlebnis, das uns nachhaltig prägte.“9

Sauerbruch Hutton lieben es – wie sie es vielleicht in Indien zum ersten Mal erlebten – Aspekte miteinander zu vereinen, die ganz gegensätzlich zu sein scheinen. Sie kombinieren das Rationale mit dem Sinnlichen, das Nachhaltige mit Eleganz, Systematik mit Intuition. Sie kleiden Bauwerke in dunkle Farben, Schwarz und Weiß, Holz und Kupfer und sogar spiegelndes Material. Vor allem aber kennen sie keine Chromophobie, ganz im Gegenteil. Dennoch: Ihre Farbskalen sind nie schrill, sondern sanft bis schillernd. Meist sind sie balanciert, trotz des häufigen dynamischen Potenzials. Manchmal sind die Farben die Co-Gestalter im verborgenen Innern, manchmal agieren sie an den „prominenten“ Fassaden, aber niemals resultieren sie in Oberflächlichkeit. Im Gegenteil, die Farben verstärken die Fassadenstruktur in ihrer Dreidimensionalität. Sie sind es, die den Oberflächen das Sauerbruch-Huttonsche-Profil verleihen. All das kann man (mit etwas Wissen über ihre Projekte) in ihren Bildern spüren. Die Tchoban Foundation zeigt mit Sauerbruch Hutton – drawing in space die reichhaltigen zeichnerischen Prozesse hinter ihren gebauten Räumen. ♦

 

 

 

¹ https://www.aedes-arc.de/cms/aedes/de/programm?id=356923; letzter Zugriff 14.02.2024
2 https://www.sauerbruchhutton.de/de/essay/moderne-ohne-dogma; letzter Zugriff 14.02.2024
3 https://www.sauerbruchhutton.de/de/essay/die-wenigen-dinge-die-wir-ueber-architektur-wissen); letzter Zugriff 14.02.2024
4 https://www.architectural-review.com/essays/reputations/carlo-scarpa-1906-1978; letzter Zugriff 14.02.2024 (Übersetzung aus dem Englischen von der Autorin)
5 https://metropolismag.com/projects/steven-holl-drawing/; letzter Zugriff 12.01.2020
6 (2010). Sauerbruch Hutton ‘For us color is a tool’. In: Glasner, B., Schmidt, P. (eds) Chroma Design Architecture & Art in Color. Birkhäuser Basel, p. 280; https://doi.org/10.1007/978-3-0346-0446-8_6; letzter Zugriff 14.02.2024
7 ebd. (Übersetzung aus dem Englischen von der Autorin)
8 ebd. (Übersetzung aus dem Englischen von der Autorin)
9 Alix Röttig, Im Gespräch mit Matthias Sauerbruch, Architektur Schweizer Ingenieur und Architekt Nr. 3, 18. Januar 2000, S. 31 ff.

 

Premiere in Berlin: Sauerbruch Hutton – drawing in space
Matthias Sauerbruch (l.) und Louisa Hutton // Mit freundlicher Genehmigung der Tchoban Foundation // Foto © Marlene Charlotte Limburg